Befragungen von der Stange?
Viele Befragungsportale bieten einen Fundus an Musterfragebögen. Aber was ist bei der Konzeption einer Mitarbeiterbefragung zu beachten?

Mitarbeiterbefragungen sind das mithin wichtigste Instrument zur Überprüfung der Unternehmenskultur und der Performance-Basis von Belegschaften. Ihre Durchführung stellt Unternehmen aber durchaus auch vor Herausforderungen. Nicht nur mit Blick auf die nötigen Ressourcen, sondern auch organisatorisch und kommunikativ. Viele Online-Befragungsportale bieten fertige Standard-Muster für Mitarbeiterbefragungen an. Aber ist das zielführend? Im Gespräch mit Marielle Schweizer von Skopos View, einem renommierten Marktforschungsinstitut aus Köln, sprechen wir über Befragungen von der Stange und kritische Erfolgsfaktoren.
MW: SKOPOS VIEW begleitet Unternehmen schon seit vielen Jahren beim Thema Mitarbeiterbefragung. Was ist das erste, was Sie einem Kunden empfehlen, wenn er darüber nachdenkt, eine Mitarbeiterbefragung in seinem Unternehmen durchzuführen?
Schweizer: Diese Frage kann man mit einer alten Fußball-Floskel beantworten: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“. Was ich damit sagen möchte ist, dass man zunächst sehr genau beraten muss, wie man mit den Ergebnissen im Nachgang der Mitarbeiterbefragung umgehen möchte bzw. kann. Die Bandbreite eines solchen Folgeprozesses reicht von einfachen Präsentationen vor dem Management oder den Mitarbeitern bis hin zur intensiven Auseinandersetzung mit den Ergebnissen im Rahmen von Workshops und Expertenrunden. Dies hat natürlich Auswirkungen auf den Umfang eines solchen Projektes, was die personellen nicht zuletzt auch finanziellen Ressourcen betrifft.

MW: Ich unterstelle mal, dass jeder, der sich mit dem Gedanken trägt, eine Mitarbeiterbefragung durchführen zu wollen, erst einmal Google für ein paar erste Erkenntnisse konsultiert. Im Netz finden sich viele Mustervorlagen für Fragebögen. Ist die Verwendung solcher Muster empfehlenswert?
Schweizer: Aus meiner Sicht sind solche Fragebögen lediglich für eine erste Orientierung und Ideensammlung zu empfehlen. Der Fragebogen für eine Mitarbeiterbefragung sollte für jedes Unternehmen individuell erstellt werden. Zu beachten ist dabei die spezielle Situation des Unternehmens. Themen, die aktuell oder in der Zukunft von Bedeutung sind, sollten enthalten sein. Aber auch Standards wie die allgemeine Zufriedenheit, Motivation und Engagement der Mitarbeiter sollten abgefragt werden. Sonderthemen, wie z. B. psychische Gesundheit, können darüber hinaus bei Bedarf im gewissen Rahmen Beachtung finden.
MW: Es gibt sicherlich verschiedene Wege eine Mitarbeiterbefragung umzusetzen. Aber welche erfolgskritischen Aufgaben im Zuge der Umsetzung sind vom Kunden mit Blick auf sein Unternehmen auf jeden Fall zu berücksichtigen bzw. zu erledigen bevor es los geht?
Schweizer: Für uns externen Berater ist es sehr wertvoll und hilfreich, wenn sich der Kunde im Vorfeld Gedanken macht, welche Informationen er gerne erhalten möchte. Es geht nicht um konkrete Ergebnisse oder den Blick in die Glaskugel. Es sollten die Themen identifiziert werden die aktuell wichtig oder zukünftig von Bedeutung sein werden. Was muss das Unternehmen wissen um fit für die Zukunft zu sein? Diese Informationen wollen wir mit der Befragung beschaffen und in Maßnahmen umsetzen, um auch zukünftig als Unternehmen erfolgreich sein zu können.
MW: Kann man den Erfolg von Mitarbeiterbefragungen messen?
Schweizer: Den Erfolg einer Mitarbeiterbefragung kann man sehr gut messen. Der leichteste Weg ist die Befragung zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen. In der Regel empfehlen wir dies alle zwei Jahre zu tun. In den Ergebnissen kann man sehr gut ablesen, wie intensiv sich ein Unternehmen mit den Ergebnissen auseinandergesetzt hat. Sprich, ob sich die Werte verbessert oder verschlechtert haben.
Aber auch anhand der Performance einzelner Mitarbeiter, Teams oder des gesamten Unternehmens lässt sich der Erfolg einer Mitarbeiterbefragung ablesen. Dies kann man mit verschiedenen KPIs erreichen, die im Nachgang zu einer Mitarbeiterbefragung zu entwickeln sind.
MW: Wie geht man erfolgreich mit den Ergebnissen einer Mitarbeiterbefragung um?
Schweizer: Am wichtigsten ist, dass die Ergebnisse nicht einfach in der Schublade verschwinden. Das mindeste was geschehen muss ist, dass alle Mitarbeiter Zugang zu den Ergebnissen erhalten. Im Idealfall werden die Ergebnisse in das Unternehmen bis zur untersten Ebene hinein getragen und diskutiert. Auch in der Zeit nach der Befragung muss im Rahmen der internen Unternehmenskommunikation immer wieder ein Link zur Befragung hergestellt werden. So bleibt die Befragung den Mitarbeitern im Gedächtnis. Außerdem können sie dementsprechend verfolgen, wie die abgeleiteten Maßnahmen umgesetzt, also wie ihre Antworten und Anmerkungen im Arbeitsalltag umgesetzt werden.
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