Digitalisierung ist Kulturveränderung
Die Digitalisierung ist vermutlich eines der wesentlichsten Themen, mit denen sich Unternehmen heute beschäftigen. Die einen, weil sie eine sich abzeichnende Entwicklung zu lange ignoriert haben, die anderen, weil neue Entwicklungen eine Veränderung notwendig machen.
Es war kein allzu großes Wunder, dass sich beim Themenabend „Digitalisierung“ des Crossmentoring Clubs der Metropolregion Nürnberg, moderiert von Susanne Bohn, viele Partnerunternehmen zusammenfanden, um über die Digitalisierungsnotwendigen ihrer Organisationen zu diskutieren.
Als Mitglied des Organisationsteams des Crossmentoring Clubs, war ich selbst natürlich auch Teil des Abends, um Einblicke und Gedanke über die Wirkung der Digitalisierung auf die Arbeitswelt mit unseren Gästen zu teilen. Neben Red Bull, waren auch Vertreter der Unternehmen UVEX, Sparkasse, SpardaBank und Schaeffler Teil des illustren Kreises. Die Vielfalt der Beispiele und Fragen hat den Abend bereichert, wobei im Kern der Diskussionen vor allem das Thema Datenschutz stand. Spannend waren etwa Beiträge zum Thema Zukunft Arbeitsplatz bei Red Bull, weil das Unternehmen mit verschiedenen Datenauswertungen arbeitet, um zu verstehen, wie sich Mitarbeiter einen modernen Arbeitsplatz vorstellen. Im Gegensatz dazu sprachen Industrie- und Bankenvertreter von ihrer Skepsis gegenüber der Arbeit mit Daten. Nicht, weil sie die Datennutzung für wenig sinnvoll halten, sondern vielmehr, weil sie sich damit auseinandersetzen müssen, wie Kunden und auch der Wettbewerb damit umgehen.
Prozesse und Hebel
In Teilen hatte ich das Gefühl, dass sich ein manch ein Unternehmen die Digitalisierung wie eine Art Hebel vorstellt, den es umzulegen gilt. Insbesondere mit Blick auf die eigenen Mitarbeiter, denen bei einem Digitalisierungskurs eine überaus entscheidende Rolle zukommt. Und neben diesem Hebel wurde Digitalisierung vor allem mit Blick auf die Veränderung von Prozessen besprochen.
Digitalisierung heißt Kulturveränderung
Ich selbst vertrete die Ansicht, dass die Digitalisierung eine unternehmerische Kulturveränderung notwendig macht. Es werden nicht nur Prozesse oder Arbeitsweisen digitalisiert. Digitalisierung passiert zu allererst in den Köpfen der Menschen. Denn sie müssen sich ihren Ängsten und ihrem Misstrauen stellen. Wird beides nicht überwunden, wird die Digitalisierung zu einem quälenden Martyrium. Ganz besonders mit Blick auf diejenigen Mitarbeiter, die sich – ohne, dass es so wäre – zunächst einmal als Verlierer in einem Digitalisierungsprozess sehen. Druck, Ungeduld und Unverständnis sind häufige Reaktionen darauf. Sie führen aber letztlich nur dazu, dass sich die Blockaden und die Ablehnung verstärken.
Erfolgreiche Digitalisierung braucht Wertschätzung
Die Digitalisierung kann nicht nur als prozessuale Entwicklung gesehen werden. Sie beginnt bei den Menschen und haben diese das Gefühl, dass die Wertschätzung für ihr Können und das, was sie bisher auch ohne digitale Hilfe geleistet haben, über Bord geht, sorgt ihre Furcht vor der Zukunft dafür, dass sie den digitalen Wandel so lange boykottieren wie irgend möglich. Wir leben in einer Zeit der Transformation. Natürlich ist die Digitalisierung mitten unter uns. Aber die Arbeitswelt hat sich noch nicht von jetzt auf gleich vollkommen verändert. Viele Arbeitsbereiche funktionieren möglicherweise zwar nicht so effizient, wie es mit digitalen Hilfsmitteln möglich wäre. Nichtsdestoweniger funktionieren sie auch ohne. Ist unser Zeitgeist schon fest in der Hand digitaler Veränderungen, bietet uns die Lebens- und Arbeitsrealität durchaus noch genügend Möglichkeiten diesen Zeitgeist zu ignorieren. Das wird sich freilich ändern. Aber Unternehmen tun gut daran, das Heute zu nutzen, um sich nach und nach gemeinsam mit ihren Mitarbeiter auf diese Zukunft vorzubereiten. Das funktioniert nicht über Herabwürdigung, resignierendes Kopfschütteln und das Ausgrenzen von Menschen, an deren Bereitschaft zur Veränderung man nicht mehr glaubt.
Wie kann man der digitalen Skepsis begegnen?
So kam natürlich auch die Frage auf, wie es denn gelingen könne, skeptischen und ablehnenden Mitarbeitern so zu begegnen, dass sie sich für neue Entwicklungen und unternehmerische Notwendigkeiten diesbezüglich öffnen. Mein Rat an dieser Stelle beginnt mit der Wertschätzung für diese Mitarbeiter. In der Regel haben sie alle einen Beitrag dazu geleistet, dass ihre Organisation bis zum heutigen Tage besteht. Eine sinnvolle Maßnahme wäre es etwa, Tandem-Teams zu bilden, die sich gegenseitig Wissen vermitteln. Naturgemäß werden diese Tandems mit Blick auf die Digitalisierung vermutlich aus älteren und jüngeren Kollegen bestehen. Ältere Kollegen teilen ihre Erfahrung mit jungen Kollegen und erhalten im Gegenzug Einblick in das digitale Arbeiten. Wesentlich ist, dass Warum-Fragen bearbeitet und geklärt werden. Warum ist die Digitalisierung wichtig, hat doch vorher auch alles funktioniert? Warum habe ich einen Vorteil, wenn ich mich mit digitalen Themen befasse? Warum muss ich keine Furcht vor einer digitalen Veränderung haben? Means-End-Ketten, also die qualitative Suche nach Motiven ist sinnstiftend. Und das Erkennen von Sinn ist der größte Motivator und Treiber, den es gibt. Ebenso wie das Ernstnehmen und Ausräumen von Ängsten, zunächst einmal gleich, ob man sie selbst als begründet oder nicht empfindet. Denn das ändert erst einmal nichts an ihrer Existenz.
Aus diesem Grund meine ich, dass Unternehmen die Digitalisierung wie eine Art Gaspedal sehen müssen. Es gibt keinen Hebel, den man umlegen kann. Aber der Mensch kann sich nach und nach sich verändernde Geschwindigkeiten gewöhnen. Es ist besser mit niedrigerem Tempo zu beginnen und jedem die individuell nötige Zeit für die folgende Veränderung einzuräumen, als den Versuch zu Unternehmen mit Vollgas zu starten und am Ende eine Bruchlandung hinzulegen. Digitalisierung bedeutet Kulturwandel. Und Kultur kann und sollte gestaltet werden.
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