Karriereseiten – Ein Dasein in Copy & Paste?
Was macht eine gute Karriereseite aus? 10 Fragen für einen guten Projektstart sowie Tipps und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung.
Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch. Im Winter 2017 haben wir eine Studie zum Thema Online-Recruiting in Nordbayern vorgelegt. Dabei haben wir kleine und sehr große Unternehmen nach ihren Online-Aktivitäten im HR-Marketing befragt und darüber hinaus wollten wir von potentiellen Bewerbern wissen, wie sie sich auf der Suche nach dem nächsten Karriereschritt im Netz bewegen.
In einigen der kommenden Beiträge möchten wir uns näher mit den gefundenen Ergebnissen beschäftigen und werfen in diesem Beitrag deshalb einen Blick auf das Thema Karriereseiten.
Aber vielleicht zunächst noch einmal kurz zu den Ergebnissen in Sachen Karriereseiten. Mit 89 Prozent gelten sie bei befragten Unternehmen als eines der wichtigsten digitalen Instrumente im Online-Recruiting. Recht spannend war aber zu sehen, dass das nur 38 Prozent der potentiellen Bewerber genauso sahen. Ein ziemlich großer Unterschied und der hat Gründe.
Denn – was ist eigentlich eine Karriereseite? Die meisten Unternehmen haben heute einen Karrierebereich. Auch kleinere Unternehmen unter 50 Mitarbeitern bieten Karriereinformationen in einem eigenen Bereich auf Ihrer Website an. Die Aufmachung dieser Seiten wird an sich immer professioneller, aber bei einer qualitativen Nachlese von Karrierebereichen unterschiedlicher Unternehmensklassen zeigen sich nicht nur optische, sondern auch deutlich inhaltliche Unterschiede. Und das, obwohl sie ein nicht unbedeutender Eckpfeile für das Employer Branding sind.
Die Grundlagen
Die klassische Karrierewebseite, die man bei Unternehmen mit einem eigenen HR-Bereich und einer gewissen Größe findet, teilt sich häufig in folgende Bereiche:
- offene Stellen
- Landingpage für Auszubildende
- Landingpage für Einsteiger nach dem Studium
- Landingpage für erfahrene Kräfte
- Offene Stellen
- Arbeiten bei Firma XY
Das ist eine Art Grundaufbau. Der erste Kritikpunkt an dieser Stelle ist, dass überraschend häufig keine Ansprechpartner genannt werden. Vielmehr werden Interessenten an „die Personalabteilung“ verwiesen, etwa mittels einer allgemeinen Mailadresse oder einer Rufnummer, die offenbar zur Zentrale, nicht aber direkt in den Bereich führt. Das ist unglücklich und wirft die Frage auf, warum das häufiger so gehandhabt wird. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass die Unternehmen vermeiden möchten, dass eine personell nur klein aufgestellte Personalabteilung Anrufe und Anfragen aufgrund anderer Tätigkeiten nicht direkt entgegen nehmen kann, Interessenten aber nicht ins Leere laufen sollen. Eine etwas missgünstigere Interpretation wäre, dass zu viele Anrufe, dem Personaler keine Zeit mehr für die vielen Dinge des Tagesgeschäftes lassen würden.
Aus Sicht der Bewerber ist es aber umständlich und in der Wirkung viel zu anonym, wenn keine direkte Kontaktaufnahme möglich ist. Es ist unbedingt empfehlenswert, dass eine Karriereseite immer einen direkten Draht in die Personalabteilung anbietet. Dabei muss das nicht unbedingt immer telefonisch sein. Aber auch eine E-Mail sollte nicht in einem allgemeinen Postfach ankommen, sondern möglichst bei einem direkten Ansprechpartner, den man in der Mail auch adressieren kann. Menschen identifizieren sich mit Menschen. Und ein Unternehmen sollte nicht von Beginn an den Eindruck erwecken, eine Art Blackbox zu sein. Es ist viel sympathischer, wenn man möglichst ein Gesicht, zumindest aber einen Namen hat, an den man sich wenden kann.
Echte Gesichter – Echte Geschichten
Was das Gesicht des Unternehmens angeht, hat sich auf vielen Seiten schon einiges getan. Man begegnet aber immer noch vielen Stockfotos von Mitarbeitersituationen und natürlich kann man argumentieren, dass das ungeübte Auge Stockfotos von nicht gestellten Situationen vermutlich nicht unterscheiden kann. Deutlich mehr Verbindung schaffen aber echte Bilder und echte Menschen aus dem jeweiligen Unternehmen. Viele Karriereseiten setzen das auch schon um, in dem etwa Testemonials eingebunden werden. Also echte Mitarbeiter, vielleicht mit einem Zitat, mit ihrer Biographie im Unternehmen und mit einem Namen dazu. Das ist auf jeden Fall schon einmal die richtige Richtung, macht das Erlebnis eines Interessenten aber noch nicht rund. Wichtig hierbei ist: Echte Geschichten, gerne auch als Video, sind relevant. Phrasendrescherei ist leicht durchschaubar.
Ein individuelles Schaufenster
Gerade die Landingpages für Bewerberzielgruppen verdienen ihren Namen meist kaum und werden aus unserer Sicht ihrem eigentlich Zweck nicht gerecht. Denn es zeigt sich in der Praxis, dass zumeist nur der Leadtext ausgetauscht oder angepasst wird, danach aber folgen dieselben Standardtext und -bildinhalte, die auch auf den anderen Landingpages angeboten werden. Mitsamt dem jeweiligen Button, der zum allgemeinen Pool mit offenen Stellen führt. Eine tatsächliche Individualisierung der Inhalte auf die jeweilige Zielgruppe, die natürlich jeweils andere Bedürfnisse und Erwartungen an ein Unternehmen haben können, erfolgt oft nicht. Und das hinterlässt den Eindruck, dass die jeweilige Karriereseite nur stiefmütterlich behandelt wird und die Text- und Bildinhalte nur ein allgemeiner, mehr schmückender Rahmen für das aus der Unternehmenssicht wichtigste sind: Nämlich der Stellenpool.
Aber genau so darf eine Karriereseite aus unserer Sicht nicht verstanden werden. Dabei bieten die Möglichkeiten im Netz die Zielgruppengestaltung geradezu an. Natürlich kann es Gründe dafür geben, das zu vernachlässigen. Etwa den Umstand, dass es nicht die nötigen Ressourcen gibt, um mehr aus der Seite zu machen. Wir meinen aber, dass auch mit einem kleinen Budget mehr als nur Standard möglich ist.
Eine Karriereseite ist ein Schaufenster für potentielle Bewerber. Und die haben sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch schon auf anderen Seiten nach dem Unternehmen umgesehen. Unserer Studie nach vor allem natürlich via Google. Denn Bewerber lesen sich gerne verschiedene Artikel über ein Unternehmen durch, bevor sie einen tieferen Blick auf die Unternehmensseiten wagen. Und sie sind mehrheitlich dazu geneigt, sich auch intensiv mit Profilen auf Arbeitgeberbewertungsportalen wie zum Beispiel Kununu auseinanderzusetzen. Ein Portal, dass leider nicht viele Unternehmen nutzen, um mit kritischen Stimmen umzugehen oder Stellung zu beziehen.
Den Bewerber an die Hand nehmen
Die Karriereseite bietet die Möglichkeit, Menschen wie bei einer Führung an die Hand zu nehmen und ihnen die wichtigsten Eckpunkte des Arbeitslebens bei einem Unternehmen zu zeigen. Und das sollten Unternehmen durchaus wörtlich nehmen.
Das ist letztlich gar nicht so unähnlich zum Lesen eines Buches. Manche Bücher ziehen den Leser förmlich in die Geschichte. Ähnlich sollte auch eine gute Karriereseite funktionieren. Sie sollte dem Nutzer einen Mehrwert bieten und auf seine Bedürfnisse und Vorstellungen abgestimmt sein.
Wenn es etwa um die Kategorie „Arbeiten bei …“ geht, dann wäre es gut, wenn man wirklich etwas über das Arbeiten bei dem jeweiligen Unternehmen erfährt. Leider liest sich diese Kategorie auf vielen Karriereseiten immer gleich und damit wird das Ganze sehr austauschbar. Vor allem deshalb, weil häufig mit Benefits gewunken wird, die zwar gut sind, die aber jeder andere Arbeitgeber auch anzubieten hat. „Arbeiten bei …“ muss eine Geschichte über die Kultur im Unternehmen sein, die glaubwürdig und echt erzählt wird. Das sollte aber ebenso eine Geschichte sein, die über das Unternehmen hinaus geht. „Arbeiten bei …“ bedeutet nämlich im Zweifel auch, den Wohnort zu wechseln. Studien zeigen, dass auch Auszubildende heute örtlich deutlich flexibler als früher sind. Und wer bei einem Unternehmen arbeitet, der lebt in der Regel nicht gar so weit weg von diesem Unternehmen, wenn er nicht muss. Es kann deshalb durchaus sinnvoll sein, einen ganzheitlichen Blick auf das Thema „Arbeitswelt“ zu legen und über die Lebensumgebung außerhalb des Firmengeländes zu sprechen. Und zwar möglichst immer entlang der jeweiligen Lebensphasen möglicher Bewerberzielgruppen.
Transparenz und Nutzerorientierung
Schaffen Sie sich eine Übersicht über alle relevanten Dinge, die das Arbeitsleben in und um Ihr Unternehmen ausmachen. Dazu gehören weiche wie harte Faktoren. Und seien Sie dabei transparent. Kaum etwas ist abschreckender, als Informationen, die wirken, als hätte jemand mitten im Satz mit dem Sprechen aufgehört, weil er irgendetwas lieber doch nicht sagen möchte.
Bei der Gestaltung von Inhalten, die natürlich am Besten im Mix aus Video, Bild und Text präsentiert werden, sollte auch auf die Ansprechhaltung geachtet werden. Natürlich haben Sie, als Unternehmen, eine Erwartungshaltung gegenüber jemandem, den Sie einstellen möchten. Das ist richtig so und das darf auch kommuniziert werden. Aber es macht keinen guten Eindruck, wenn der Schwerpunkt auf Ihren Erwartungen liegt und damit der Eindruck erweckt wird, die Bewerbererwartungen seien allenfalls viertrangig. Unternehmen sind häufig gar nicht schlecht darin, Ihre Erwartungen an Lebensläufe und Bewerberprofile zu formulieren. Es ist erstaunlich wie schwer sich manche aber damit tun, sich in die Rolle des Bewerbers hinein zu versetzen und sich zu überlegen, was man diesem konkret im Gegenzug anzubieten hat. Da sich aber die jeweiligen Rollen auf dem Arbeitsmarkt schon seit einigen Jahren verändern, wäre dieser Perspektivenwechsel wirklich wichtig.
Zielgruppeneinbindung in der Konzeptionsphase
Wenn es um zielgruppenspezifische Inhalte geht, über die sich ein Unternehmen bei seinen Zielgruppen vorstellt, dann ist aus unserer Sicht kaum etwas hilfreicher, als sich mit diesen Zielgruppen vorher zu unterhalten. Bei der eigenen Belegschaft lässt sich einiges darüber erfahren, wie sie sich die ideale Karriereseite für das Unternehmen vorstellen beziehungsweise, welche Inhalte sie für seine solche Seite als hilfreich und zweckdienlich empfinden würden. Darüber hinaus ist es aber auch ratsam, über die Grenzen des eigenen Unternehmens hinauszuschauen. Ähnlich wie bei der Entwicklung einer Arbeitgebermarke, bietet es sich auch für die Konzeption einer starken Karriereseite an, mit Menschen in Form von Workshops und Fokusgruppen zu sprechen, die in unterschiedlichen Lebens- und Berufsphasen unterwegs sind, die aber insofern einen etwas objektivieren Blick einbringen können, als das sie nicht bei Ihrem Unternehmen arbeiten.
Neben unterschiedlichen und zielgruppenspezifischen Inhalten gilt es, von Anfang an die Grundlagen einer guten Karriereseite möglichst optimal auszugestalten. Heißt: Auch im Personalmarketing darf nicht auf Suchmaschinenoptimierung oder Suchmaschinenmarketing verzichtet werden! Dazu bietet es sich an, entweder die eigenen Online-Profis mit ins Projektboot zu holen oder sich externe Unterstützung zu suchen. Zu letzterem sei angemerkt: Es muss wirklich nicht immer die teure Szene-Agentur aus Hamburg, München oder Berlin sein. Unserer Erfahrung nach finden sich im nahen Umfeld vieler Unternehmen ebenfalls Spezialisten, die genauso gut, aber budgetfreundlicher arbeiten.
Genau diese Spezialisten können Ihnen außerdem dabei helfen, es Ihrem Besucher so einfach wie möglich zu machen, sich auf Ihrer Seite zu bewegen und sie zu nutzen. Grob zusammengefasst bedeutet das: Keine überbordenden Online-Formulare, kein ganzer Fragenkatalog bis man endlich einmal etwas abschicken darf, keine PDF-Halde, bei der wesentliche Informationen erst einmal herunter geladen werden müssen. Und auch keine Anmeldeprozeduren wie bei einem Online-Marktplatz. Halten Sie die Dinge einfach kundenorientiert.
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