Drei Fragen, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern jetzt stellen sollten
Es ist für viele Unternehmen neu, dass die Büros am Standort täglich leer stehen und sich ein Großteil der Belegschaft im Homeoffice befindet. Aber das gilt auch für viele Beschäftigte, die diese Erfahrung erstmalig machen. Deshalb ist es ratsam, Mitarbeitende gut zu betreuen und mit den richtigen Fragen dafür zu sorgen, dass es weitergeht.
Gewissermaßen befinden wir uns gerade in einer Zeit des Umbruchs. Im letzten Beitrag haben wir bereits über das Thema „Homeoffice“ gesprochen und einige Tipps dazu gegeben. Aber eine Guideline zum Arbeiten in den heimischen vier Wänden alleine genügt manchmal nicht. Es gibt viele Menschen, die in dieser Situation eine gewisse Unsicherheit verspüren. Einmal aufgrund der neuen Art des Arbeitens, aber auch weil es derzeit schwierig ist, eine vernünftige Perspektive zu finden. Niemand kann sagen, wann sich die aktuellen Zustände ändern werden. Wann es wieder möglich sein wird als Team auch physischen Kontakt zu haben. Und mit Blick nach vorne stellt sich außerdem die Frage, ob wir nach der Rücknahme der Ausgangsbeschränkungen überhaupt wieder so arbeiten werden, wie vor der Krise. Oder ob wir das überhaupt so wollen.
Den Menschen werden diese und andere Fragen gerade durch den Kopf gehen. Das betrifft natürlich nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Führungskräfte über alle Führungsebenen hinweg. Die Sehnsucht nach den Verhältnissen vor der Krise wächst, aber gleichsam sollten wir uns alle darauf einstellen, dass es vermutlich nicht wieder ganz so wird, wie noch zu Beginn des Jahres 2020. Und vielleicht ist das auch gar nicht schlecht.
Die Krise schafft Chancen im Bereich der Digitalisierung und einen kräftigen Schub für all das, was wir schon seit einiger Zeit unter dem Begriff „New Work“ diskutieren. Ein Feld, das zu definieren überaus schwer fällt, weil es vielleicht auch einfach gar nicht vernünftig zu definieren ist. Es ist individuell. Menschen und Organisation müssen hier ihre eigenen Wege finden. Das müssen sie nicht ohne Hilfe tun, aber ein Standardkochrezept tut es eher nicht.
Gerade jetzt, in einer Zeit, in der es nur eine digitale Brücke zur arbeitgebenden Organisation und den sonst vielleicht enger bindenden Element gibt, sollte der Begriff „Employer Branding“ noch stärker intern gedacht werden als zuvor. Gerade jetzt sollten Arbeitgeber viel für das Vertrauens-, Leistungs- und Bindungsmanagement tun, damit es nach Krise so reibungslos wie möglich wieder weitergehen kann. Das heißt nichts anderes, als neben dem Blick auf die wirtschaftliche Existenz eines Unternehmens auch die Herausforderung anzunehmen, sich als Arbeitgeber um das auf so vielen Karriereseiten proklamierte Wertvollste des Unternehmens zu kümmern: Die Mitarbeiter.
Neben der üblichen Newsletter-Versorgung der internen Kommunikation oder auch dem Befüllen des Intranets braucht es, so paradox es klingen mag, vor allem eine persönliche Betreuung. Die Hauptrolle spielen dabei in den meisten Organisationen immer noch die jeweiligen Führungskräfte. Während das Bindungsmanagement und die dafür nötige Empathie und Kommunikationsstärke für manch eine Führungskraft kein Problem darstellt, gibt es andere Führungskräfte, für die es eher ungewohnt ist, die Führungsarbeit oder auch den Begriff des „People Management“ weniger zahlen-, regel- und faktenbasiert zu sehen.
Was die benannte Herausforderung betrifft, kann man die nötige Bindungsarbeit am Besten über drei konkrete Fragen thematisieren, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden jetzt stellen sollten. Beziehungsweise, die die Führungskräfte als Repräsentanten des Arbeitgebers stellen sollten.
1. Wie geht es Dir?
Diese Frage klingt furchtbar abgedroschen, so oberflächlich und platonisch. Weil wir sie oft stellen, ohne dass wir es wirklich meinen. Sie ist dann meistens eher eine Art Anhang zu einer freundlichen Begrüßung.
Aber genau das darf sie jetzt nicht sein. Jetzt muss diese Frage mit allem Ernst und vor allem mit echtem Interesse gefragt werden. Wie sie beantwortet wird, hängt von der jeweiligen Vertrauensbeziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft ab, aber Führungskräfte sollten sich Mühe geben wirklich zu erfahren, wie es gerade um jeden Einzelnen Ihres Teams steht.
Warum? Die Antwort darauf liegt vielleicht in der jeweils eigene Situation der fragenden Führungskraft. Die Zusammenarbeit über Microsoft Teams, Zoom, Slack und andere Tools funktioniert nach zwei Wochen zwar so einigermaßen, aber trotzdem ist das alles noch neu. Und für viele wirkt es auch irgendwie provisorisch, weil abzusehen ist, dass man vermutlich die Freiheitsgrade, die man aktuell erfährt, wieder wird abgeben müssen. Zurück ab ins Büro heißt es dann. Aber hinzu kommt: Die Kinder sind vielleicht zuhause. Es ist schwierig Kinder daheim zu betreuen und gleichzeitig den Verpflichtungen gegenüber der Arbeit nachzukommen. Familie geht vor. Aber wie funktioniert das dann mit der Arbeit, für die man letztlich ja bezahlt wird? Wie bekommt man einen klaren und geraden Gedanken hin, eine konzentriere Telefonkonferenz, wenn man nicht über ein eigenes Arbeitszimmer verfügt, im Hintergrund die Kinder spielen und man sich gleichsam Sorgen darüber macht, wie es jetzt wohl mit den Eltern ist, die zur Risikogruppe gehören? Und dann noch das mit der Kurzarbeit. Kommt sie? Kommt sie nicht? Und was heißt das dann? Wie lange? Und kommen wir mit dem gekürzten Einkommen dann überhaupt noch zurecht? Wir haben doch gerade erst ein Haus gebaut, ein Auto gekauft, einen Kredit für die Sanierung der Heizung aufgenommen. Wie wird das jetzt? Und jetzt schon wieder eine Videokonferenz. Den ganzen Tag schon.
Das alles mag überspitzt klingen. Aber vielleicht ist es das auch nicht. Und vielleicht sind es ganz andere Fragen, die sich die Menschen gerade stellen. Aber viele machen sich Sorgen. Führungskräfte wie Mitarbeiter. Sie alle sind zwischen verschiedenen Verpflichtungen und ihren eigenen Sorgen in dieser Zeit mehr hin- und hergerissen, als das vielleicht sonst schon der Fall ist.
Die Frage „Wie geht es Dir?“ führt nicht zwingend dazu, dass man all das von seinem Mitarbeiter erfährt. Aber wer diese Frage ehrlich und ernst meint und nicht so einfach aufgibt, der erfährt sicherlich trotzdem einiges, um abschätzen zu können, wie es dem Gegenüber gerade geht und – je nachdem – zu prüfen, was man tun kann, um dem Mitarbeiter zu helfen. Das muss nicht immer viel sein. In vielen Fällen kann ein Mehr an Zeit schon Abhilfe schaffen. Eine Aufgabe, die nicht gerade jetzt erledigt werden muss. Ein Meeting, bei dem der Mitarbeiter vielleicht nicht ganz so wichtig ist und die Zeit in anderes investieren kann. Aber jede Hilfe, die fruchtet, sorgt dafür, dass der Mitarbeiter in der Netto-Arbeitszeit leistungsstärker handelt und gleichsam stabilisiert sich die Bindung zum Arbeitgeber und zur eigenen Führungskraft. Vertieft sich vielleicht sogar.
Natürlich ist klar, dass das kaum funktionieren kann oder zumindest sehr schwierig wird, wenn die Beziehungslage schon vor der Krise schwierig war. Aber das echte Interesse an der Situation des Mitarbeiters ist gerade jetzt besonders wichtig. Im Übrigen gibt es unterschiedliche Wege an die über die Frage adressierten Inhalte zu kommen. Genauso wie diese Frage natürlich in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich formuliert werden kann.
Einzig wichtig ist: Findet heraus, wie es Euren Mitarbeitern geht. Geht auf sie ein und zeigt, dass Ihr für sie ansprechbar seid. Interessiert Euch für den Menschen, nicht nur für seine Arbeitsergebnisse.
2. Was funktioniert in der aktuellen Zusammenarbeit für Dich gerade gut? Was nicht?
Eine super einfache Fragestellung, die als Anschluss zur ersten Frage funktioniert. Hierbei geht es um zwei Ebenen. Die erste Ebene ist die Managementebene. Führungskräfte können mit dieser Frage viel darüber lernen, wie sie aktuell besser steuern können. Sie erfahren gegebenenfalls etwas über die Zusammenarbeit im Team und die Kommunikation innerhalb des Teams oder vielleicht auch, dass es eben diese Kommunikation gerade gar nicht gibt. Was eher suboptimal wäre. Sie erfahren aber auch, ob die zur Verfügung gestellten Instrumente zur Remote-Arbeit funktionieren oder ob es technische Hürden gibt, die die ohnehin schon verknappte Leistungsfähigkeit der Menschen weiter einschränkt.
Sie können zudem zwischen individuellen Schmerzpunkten und solchen, die für das ganze Team relevant sind unterscheiden. Dabei kann es auch um solche Sachen gehen wie die Länge und Häufigkeit von Meetings, Projektarbeiten, die auf die Ferne einfach nicht funktionieren, Reaktionen auf die Inhalte der internen Kommunikation, die Verfügbarkeit von Teammitgliedern, Führungskräften und anderen Abteilungen und so weiter. Alles also Dinge, die das Arbeitssystem innerhalb der Organisation betreffen. Führungskräfte können die regelmäßigen Erkenntnisse dazu nutzen, um die Prozesse der Remote-Arbeit für das eigene Team, aber auch darüber hinaus zu verbessern.
Die zweite Ebene der Frage betrifft mehr die organisationale Ebene. Im vorangegangenen Beitrag haben wir darauf hingewiesen, dass es ziemlich klug sein könnte, schon jetzt Messmechanismen einzuführen, die dabei helfen, die sich gerade ändernde Arbeitsweise zu bewerten. Denn vielleicht gibt es gerade Lernerfahrungen, die im Ergebnis auch für die Zeit nach der Krise relevant sein könnte. Und das betrifft nicht nur die Werkzeuge, die eingesetzt werden, sondern auch das, was diese ganze Situation mit den Menschen und ihren Bedürfnissen macht.
Führungskräfte sollten die inhaltlichen Punkte aus der zweiten Frage insoweit sammeln, als dass sie damit den Wissenspool für die Zeit danach bereichern. Das hat viele Vorteile. Denn gegebenenfalls schafft die aktuelle Situation, so schwierig sie ist, eine Lösung für ein Problem, dass spätestens nach den Ausgangsbeschränkungen unweigerlich wieder zurückkommt. Generationenkonflikte zum Beispiel, Platzprobleme, infrastrukturelle Schwierigkeiten.
Möglicherweise braucht es nach der Krise neue Strukturgedanken, die durch das Wissen, dass sich jetzt sammeln lässt, befördert werden können. Oder es braucht neue IT-Systeme und alles, was man jetzt lernt, sorgt für eine schnellere und bessere Entscheidung hinsichtlich weiterer Investitionen.
Es gibt viele Möglichkeiten auch Positives aus der Remote-Arbeit zu ziehen. Dazu gehört natürlich auch, das eigene Team besser kennen zu lernen. Der Schatz liegt in den Köpfen der Mitarbeiter.
3. Was können wir jetzt tun, um die Situation zu verbessern?
Mit dieser Frage sind wir dann auch schon beim Wrap-Up. Maßnahmen. All die Dinge, die Führungskräfte bis dahin erfahren konnten, sollten letztlich natürlich in irgendeine Form von Maßnahmen münden, wenn möglich. Es ist keine einfache Aufgabe Ängste auszuräumen. Vor allem dann nicht, wenn Führungskräfte selbst nicht umfassend über etwaige Pläne des Unternehmens informiert sind.
Aber gerade mit klarem Blick auf die persönliche Situation des Mitarbeiters und die Teamsituation lassen sich gemeinsam im persönlichen Gespräch Wege finden, bestimmte geschilderte Schwierigkeiten abzumildern oder zu lösen. Es geht letztlich auch darum Mitarbeitern eine gewisse Form der Sicherheit zu geben. Und wenn es nur die Sicherheit ist, dass es absolut verständlich ist, wenn die Leistung des Mitarbeiters in dieser Situation nicht den normalen Umständen entspricht.
Mit der dritten Frage lässt sich auch am Thema Prioritäten gut arbeiten oder aber die Aufgabenverteilung neu gestalten. Zudem kann man gemeinsam Wege finden, die für viele belastende Online-Dauerbeschallung angenehmer zu gestalten. Zum Beispiel durch regelmäßige Pausen oder aber auch tatsächlich mal dem Griff zum Telefon. Ohne Video.
Was immer es ist: Konkret besprochene und beschlossene Maßnahmen helfen dem Mitarbeiter, dem Team und damit auch der Organisation.
Auf den Menschen kommt es an
Fassen wir also zusammen: Employer Branding muss immer auch, und aus unserer Sicht sogar zuerst, intern gedacht werden. In der aktuellen Situation muss stärker an Beziehungsaspekten gearbeitet werden, um die Mitarbeiterbindung stabil zu halten. Auch wenn man sich auf den Standpunkt stellen könnte, dass in der momentanen Lage kaum jemand den Arbeitgeber wird wechseln können: Es kommt die Zeit danach. Wer jetzt in diesen Posten investiert hat gute Chancen, als guter Arbeitgeber gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Und das nicht wegen einer Markenpolitur. Sondern weil die Organisation das getan hat, was schon vor der Krise für eine Arbeitgebermarke von absolute Relevanz war. Die Schaffung echter und wahrhafter Attraktivität durch echtes und erlebbar attraktives Arbeitgeberverhalten.
Martin Wilbers
Beratung für Arbeitgeberattraktivität
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