Storytelling im Employer Branding – Eine Arbeitgebermarke braucht mehr als Geschichten.
Storytelling ist eine wichtige Disziplin oder auch ein wichtiges Instrument in der internen und externen Unternehmenskommunikation. Dabei darf die Bedeutung dieses Instruments aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch Geschichten etwas brauchen, um für eine Marke gut zu funktionieren: Einen wahren, nachhaltigen und nachvollziehbaren Kern.
Am 16. April erschien im Magazin „Human Ressource Manager“ ein Artikel mit der Überschrift „Geschichten für die Arbeitgebermarke“. Ein Text, den Andrea Montua geschrieben hat, die mit Ihrer Agentur Leistungen für die interne Unternehmenskommunikation anbietet. Im Artikel spricht sie über Ihre Sicht auf das Thema „Storytelling im Employer Branding“ beziehungsweise dessen Bedeutung für eine gut funktionierende Arbeitgebermarke.
Ich habe den Ausführungen einige Aussagen entnommen, die ich wirklich dick unterstreichen können. Aber leider auch so einige, die ich lieber nicht unterschreiben möchte. Mit Hilfe von ein paar Zitaten aus dem Text wage ich eine kleine Replik. Vielleicht gewissermaßen in die Richtige „Do’s and Don’ts“. Wobei ich mich dabei nicht vor allem auf die handwerkliche Seite guter Geschichten allein konzentrieren will. Nein, mir geht es um etwas anderes. Etwas, dass aus meiner Sicht viel grundsätzlicher für eine Arbeitgebermarke sein ist.
Für Human Resources und auch für die Interne Kommunikation sind sie ein großes Pfund, aus dem wahrhaftiges Employer Branding entstehen kann – nach innen wie nach außen.
Gleich zu Beginn hören wir zum Beispiel von einem Chef, der plötzlich irgendwo auftaucht und Pizza für alle bestellt. Einem gelungenen Mitarbeiterfest, einer Kantine, die nach Jahren doch eingerichtet wird und einem Pförtner, der schon so lange im Unternehmen ist.
Und natürlich ist es völlig richtig: Jedes Unternehmen hat solche Geschichten. Kleine wie große und blicken wir auf die interne Begleitmusik für das Thema Employer Branding, die in der internen Unternehmenskommunikation gespielt wird, dann sind diese Geschichte für das Storytelling im Employer Branding natürlich auch relevant.
Warum das so ist, wird nun schließlich in den Zusammenhang mit dem Gallup Engagement Index gesetzt. Ein Index, den auch mein Team und ich sehr häufig verwenden, um bestimmte Dinge zu verdeutlichen. Der Gallup Engagement Index ist eine sehr renommierte und wirklich toll gemacht Studie, die seit 2001 in Deutschland erhoben wird. Sie gibt – ganz grob gesagt – Auskunft darüber, wie hoch der Grad der emotionalen Bindung von Arbeitnehmern gegenüber ihrem Arbeitgeber ist und leitet daraus Schlussfolgerungen und Korrelationen hinsichtlich dem Arbeitsengagement und der Motivation von Mitarbeitern ab.
Employer Branding beginnt mit Employer
Soweit so gut. Trotzdem bin ich an dieser Stelle ein wenig gestolpert. Wer schon einmal mit uns gearbeitet hat, der weiß, dass wir bei der Bearbeitung oder auch Neugestaltung von Arbeitgebermarken grundsätzlich nicht mit der Kommunikation beginn. Das wesentlichste Credo, dass für mein Haus und mich steht ist, dass Employer Branding mit Employer beginnt. Und nicht mit Branding.
Storytelling, so mächtig es in Sachen Kommunikation nun ist, ist kein allgemein geeigneter Hebel, um die emotionale Bindung von Mitarbeitern zu erhöhen. So aber habe ich das gelesen.
Der Gallup Engagement Index etwa sagt nicht aus, dass es am bindenden Element der starken Kenntnis über kulturelle Einzelereignisse mangelt, die dazu führt, dass tatsächlich seit vielen Jahren nur 15 Prozent aller Arbeitnehmer mit Leidenschaft und viel Tatendrang morgens zur Arbeit gehen.
Das wäre auch ziemlich falsch. Storytelling im Employer Branding kann die vielen Gründe für die fehlende emotionale Bindung zum Arbeitgeber nicht heilen. Jedenfalls dann nicht, wenn Gegenstand der Erzählungen Dinge sind, die der einzelne Mitarbeiter zwar lesen oder hören, aber nicht selbst erleben kann. Weil die erzählten Positivereignisse vielleicht nur ein Blitzlicht im Gewitter der täglichen Arbeitgeberwahrnehmung darstellen und deshalb kaum eine positive emotionale Regung beim Rest der Belegschaft auslösen.
Natürlich, Storytelling ist nicht neu, aber nach wie vor eine der besten Ideen, um Bilder und Verbundenheit in den Köpfen und Herzen der Mitarbeiter herzustellen.
Klar: Gutes Storytelling kann für tolle Bilder sorgen, die eine positive Wirkungen auf die Beziehungsebene im Unternehmen hat. Aber sie zunächst einmal nur ein Vehikel. Frau Montua schreibt, dass wir uns alle in Geschichten definieren. Und dass diese Geschichten mit Blick auf eine Arbeitgebermarke wahr sein müssen, weil das sonst nicht funktioniert.
Das stimmt. Aber selbst wenn die Geschichten, die erzählt werden dann wahr sind: Sofern es sich um kurze Ereignisse handelt, um Augenblicke im Erleben der Mitarbeiter, während es jenseits dessen ziemlich anders aussieht, dann kommt man mit dem Storytelling leider nicht sehr weit. Geschichten, die eine prägend emotionale Bindung haben sollen, müssen von etwas erzählen, dass tatsächlich für einen Großteil der Zielgruppe, also der Mitarbeiter, nachvollziehbar ist. An das viele anknüpfen können. Storytelling kann Erinnerungen daran wieder an die Oberfläche tragen. Es wird aber kaum einem Mitarbeiter einimpfen, dass der Arbeitgeber ein ganz toller ist, wenn das einfach nicht den erlebten Tatsachen entspricht. Was noch ein Grund mehr ist, bei der Arbeit an einer Arbeitgebermarke wirklich immer erst am Produkt selbst, also den Leistungen, die ich als Arbeitgeber im Angebot habe, zu arbeiten, und diese Geschichten auch erst dann so wie nötig zu erzählen, wenn sie zutreffend sind. Dazu gehört selbstverständlich auch die Kultur eines Unternehmens.
Bitte nicht nur nass anstreichen
Organisationen haben ein kollektives Gedächtnis. Von Mitarbeitergeneration zu Mitarbeitergeneration werden Geschichten weitererzählt, die tatsächlich auch behalten werden. Je nach Unternehmen kann das ungünstig sein, weil insbesondere negative Erzählungen die Eigenschaft haben, lange haften zu bleiben und im Verlauf der Zeit tendenziell sogar noch schlimmer erzählt zu werden, als sie tatsächlich waren.
Natürlich kann man nicht verhindern, dass es auch schlechte Erlebnisse in einem Unternehmen gibt. Die Welt ist individuell. Die Welt der Organisationen ist es auch. Aber ich bin der absolut festen Überzeugung, dass es ein Arbeitgeber, der sich wirklich ran hält und wirklich daran arbeitet ein tatsächlich guter Arbeitgeber zu sein, viele positive Erzählungen wird verarbeiten können, die man nicht lange suchen muss.
Nach außen eine tolle Marke, aber innen ist es nur so lala? Das können Sie besser. In diesem Fall hilft der gesamte Dreiklang, um eine Kampagne zu starten, die nach außen wirkt und nach innen positive Resonanz findet. Laden Sie einen repräsentativen Querschnitt von Mitarbeitern zum Storycamp und hören Sie einfach nur zu. Sie werden garantiert erfahren, was das Unternehmen aus- und besonders macht.
Diese Aussage muss man aus meiner Sicht zweigeteilt betrachten. Wenn ein Arbeitgeber nach innen „nur so lala“ ist, dann ist Storytelling sicherlich nicht der richtige Weg, daran etwas zu ändern. Richtig finde ich aber, dass man in so einem Fall Mitarbeiter einladen sollte, um mit ihnen zu sprechen und ihnen zuzuhören. Aber nicht, um am Ende doch ein paar gute Geschichten zu finden, die man erzählen kann. Sondern um zu lernen, warum es in der Organisation in Sachen Arbeitgeberattraktivität nur „so lala“ aussieht und diese Erkenntnisse ganz konkret dafür zu nutzen, um daran nachhaltig etwas zu ändern. Das ist aus meiner Sicht nämlich ein absolut essenzieller Teil guter Markenarbeit. Wie schon gesagt: Markenkommunikation kann nur dann erfolgreich sein, wenn der Gegenstand, für den die Marke stehen soll, ein attraktiver ist. Alles andere ist nur mehr ein neuer Farbanstrich auf einer Fassade, der schon bald wieder abblättern wird, weil die Fassade zunächst einmal saniert und grundiert hätte werden müssen.
Die Macht der Fokusgruppen
Was mich grundsätzlich zu den guten Gedanken bringt, die die Autorin in ihrem Vorgehen mitschwingen lässt. Sie spricht von einer sehr guten Methodik, die sehr ausschlaggebend und erfolgsnotwendig für ein gutes Employer Branding Projekt ist. Nämlich Fokusgruppen.
Fokusgruppen sind dabei aber nicht nur reine Erzählstunden, die für das Storytelling im Employer Branding herhalten können. Sie sind ein fundiertes empirisch-wissenschaftliches Instrument, mit dem man, sofern man die Methodik beherrscht, sehr reichhaltige Ergebnisse erzielen kann. In Fokusgruppen kommen Mitarbeiter zusammen und werden mithilfe einer strukturierten Moderationsmethode und einer Leitfadenplanung in eine Diskussion gebracht werden, die hervorragend dazu geeignet ist, das wahrgenommene Wesen des Arbeitgebers transparent zu machen und zu visualisieren. Und zwar in allen acht Feldern unserer Employer Value Proposition.
Ergänzt man das ganze um Instrumente wie Mitarbeiterbefragungen, eine Culture Map von David Grey oder das Business Culture Design von Simon Sagmeister, dann ist man schon ziemlich weit vorne.
Zuhören ist meist wichtiger als direkt ins Tun zu kommen.
Jawoll, das kann ich nur unterstreichen. Strukturiertes Zuhören ist dabei zwar auch ein direktes „Tun“, aber dennoch ist das der erste wichtige Schritt. Viel zu häufig beginnen Employer Branding Projekte mit der Suche nach der besten Kommunikationsstrategie, wobei der Status Quo des Arbeitgeberangebotes, also das Kernstück einer guten Employer Branding Strategie, nicht hinterfragt wird. Im Gegenteil: Den Markenkern solcher Herangehensweisen bilden zusammengesuchte Positivindikatoren, die häufig auch genauso herausgebildet werden. Nämlich mit Fragen danach, was denn alles gut ist. Das gehört dazu. Aber es kann keinesfalls hinreichend sein, um eine wirklich effektive Arbeitgebermarke aufzubauen.
Schließlich finde ich, dass der Text zu sehr suggeriert, dass Storytelling ein absoluter Pushfaktor für das Employer Branding ist. Storytelling ist aber vielmehr ein Instrument der Markenkommunikation. Aber dafür braucht es zunächst ein Produkt, dass eine funktionierende Marke auch tragen kann. Es ist keinesfalls so, dass starke Marken zu funktionierenden Produkten führen. Das sehe ich zumindest so.
Bleibt schließlich also an dieser Stelle nur noch eines zu sagen. Oder besser zu wiederholen: Employer Branding beginnt mit Employer. Nicht mit Branding. Und auch nicht mit Storytelling. Aber Storytelling als Instrument ist wertvoll, sobald ein Markenprojekt in die Kommunikationsphase gelangt.
Martin Wilbers
Beratung für Arbeitgeberattraktivität
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